Aufmerksamkeits-Defizit / Hyperaktivitäts-Syndrom – kurz ADHS
Wenn man kleine Buben ab dem Kindergartenalter behandelt, dauert es meist nicht lange, bis die Rede auf ADHS kommt – eine schnell ausgesprochene Verdachtsdiagnose, die vor allem Jungen im Vorschul- und Schulalter betrifft. Man fragt sich unwillkürlich, woher diese Häufung kommt: Sind die Kinder heute anders? Hat sich das Umfeld verändert? Sind die Lehrer zu schnell überfordert oder gar unwillig? Glaubt man den Statistiken, so sind rund 5 % der Kinder von ADHS betroffen, diagnostiziert wird es jedoch bei bis zu 30 %, also vorschnell.
Wie kommt es zu dieser Diskrepanz? Zweifellos stellen hyperaktive Kinder eine Belastung für ihre nächste Umgebung dar, da sie Probleme haben, sich an ihr Umfeld anzupassen: Sie stören! Der Versuch, das Phänomen des unruhigen, konzentrationsschwachen Kindes, mit dem Krankheitsbild ADHS zu benennen, entspringt der Unsicherheit im Umgang mit diesen mitunter recht schwierigen Kindern. Oft scheint es beruhigend, wenn man ein Ding beim Namen nennen kann.
Es gibt drei bzw. vier Hauptkriterien als Kennzeichen für ADS bzw. ADHS
- mangelnde Konzentrationsfähigkeit
- erhöhte Ablenkbarkeit
- gesteigerte Impulsivität
- motorische Hyperaktivität (bei ADHS)
Mädchen entwickeln in erster Linie ADS, d.h. bei ihnen ist die motorische Hyperaktivität weniger stark ausgeprägt, Jungen dagegen fallen gerade durch ihre Unruhe und Zappeligkeit auf.
Wichtig ist es vorab klarzustellen, dass die Diagnose ADS / ADHS nichts mit der Intelligenz zu tun hat – im Gegenteil, häufig sind diese Kinder sogar überdurchschnittlich intelligent. Der Grund für die Ausprägung dieses Syndroms ist eine, oft angeborene, Reizfilterschwäche, d.h. die Informationen aus der Umwelt gelangen ungefiltert oder zu wenig gefiltert ins Gehirn und werden dort verarbeitet, was die Kinder verständlicherweise überfordert. Aus dieser Erkenntnis lässt sich die erste wesentliche Verhaltensmaßnahme im Umgang mit diesen Kindern und Jugendlichen ableiten: Reize reduzieren!
ADS / ADHS-Kinder brauchen ein geordnetes Umfeld mit einem klar strukturierten Tagesablauf. Reizüberflutung durch zu viele Aktivitäten, TV und PC sollten auf ein Minimum heruntergeschraubt werden. In der Schule ist es hilfreich, wenn das Kind immer auf dem gleichen Platz, neben dem gleichen Banknachbarn sitzt, häufiges Umsetzen, wie es heute an der Tagesordnung ist, überfordert diese Kinder. Oft sind ADS / ADHS-Kinder hochsensibel, was dazu führt, dass sie sehr empfindlich auf Strafen und Beschimpfungen reagieren. Aus der Sicht der genervten Eltern und Erzieher ist es verständlich, dass sie versuchen, ein solches Kind durch Ermahnungen oder Drohungen anzutreiben. Dies führt jedoch in den seltensten Fällen zum Erfolg: Die Kinder reagieren mit einer Verweigerungshaltung. Das einzige, was hilft, ist ein liebe- und verständnisvoller Umgang mit verstärkter Motivation. Auf Grund der geringen Frustrationstoleranz fühlt sich das Kind schnell zurückgewiesen und abgelehnt, was seine innere Erregung erhöht. Die Folge: Es stört den Unterricht, spielt den Klassenkasper und tut genau das Gegenteil von dem, was der Lehrer von ihm erwartet. Typisch für ADHS-Kinder ist auch, dass sie sich sehr lange auf eine Sache konzentrieren können, sofern sie sich dafür interessieren, sprich wenn sie motiviert sind. Im anderen Fall gelingt ihnen das kaum und sie sind nicht in der Lage, fünf Minuten still zu sitzen, wenn sie Hausaufgaben machen sollen.
- Die Kinder verhalten sich heute insofern anders, als sie mit zu vielen Reizen konfrontiert werden und in ihrer Freizeit zu wenig Ausgleich durch Bewegung in der freien Natur erfahren. Der Freiraum ist heute deutlich geringer als früher.
- Eltern und Betreuer sind schneller überfordert und oft nicht in der Lage, auf die Bedürfnisse des Einzelnen einzugehen. Hierbei handelt es sich sicher um ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, das wir an dieser Stelle nicht beheben können.
Sicher ist es keine Lösung, diese Kinder medikamentös so weit zu sedieren, dass ein ungestörter Schulbetrieb möglich ist. Amphetamin ähnliche Medikamente können zeitlich befristet dazu beitragen, eine Krise zu entschärfen, sofern tatsächlich eine Hirnstoffwechselstörung vorliegt, sie sind aber unseres Erachtens nur eine Krücke und keine Dauerlösung – von Einzelfällen abgesehen. Ziel der Behandlung muss es daher sein, das Kind zu stabilisieren, so dass es den täglichen Anforderungen aus eigener Kraft gewachsen ist.
Hier setzt die Klassische Homöopathie an. In einem ausführlichen Gespräch sowohl mit den Eltern als auch mit dem betroffenen Kind fügt der Homöopath aus den einzelne Puzzleteilchen ein Gesamtbild zusammen, das ihn dann zum passenden homöopathischen Mittel führt. In der Regel muss dieses Arzneimittel über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, denn ADS / ADHS ist nicht heilbar und kann in modifizierter Form auch im Jugend- und Erwachsenenalter fortbestehen.
Die Behandlung mit einem homöopathischen Mittel hat den großen Vorteil, dass sie die Persönlichkeit des Kindes nicht verändert, sondern das Kind in seiner Entwicklung unterstützt und stärkt. Das gilt auch für Kinder, die zwar nicht an ADH / ADHS leiden, die aber dennoch durch unkonzentriertes, unaufmerksames oder gar aggressives Verhalten auffallen. Aus Sicht der Homöopathie kommt es weniger auf die Diagnose an, als vielmehr auf die Symptomatik des einzelnen Patienten.